Die schwedische Entwicklerschmiede Coldwood Interactive zeigten bereits 2015 erstmals ein Spiel, welches gleich nach den ersten Szenen sofort paralysierte und einen sofort in seinen Bann zog. Ein kleiner Wollknäuel zieht umher und muss die Erinnerungen seiner Schöpfer finden. Klingt recht eigenartig, spielt man es aber zum ersten Mal, kann man sich gut in das Abenteuer von Yarny dem kleinen Garnwesen hinein versetzen. Unravel ist ein Plattformer wie alle anderen auch nur in ein paar Aspekten macht es einiges anders, als seine Genrekollegen. Was Unravel so anders macht, verraten wir euch in unserem Test.
Ein Wollknäuel als Lieblingsspielzeug
Fast jedes Kind hat ein kleines Spielzeug, mit dem es spielt, mit ihm schläft, mit ihm badet oder die verrücktesten Dinge tut und es überall mit begleitet. Doch irgendwann wird man erwachsen und das Spielzeug wird uninteressant und verschwindet in irgendeiner Ecke. Leblos, allein und missachtet fristet es dann den Rest seines Spielzeuglebens vor sich hin. Doch irgendwie und egal wie alt man letztendlich ist, denkt man doch an sein Lieblingsspielzeug, mit dem man damals so viel Zeit verbracht hat. So ungefähr ging es wohl auch dem Creative Director von Coldwood Martin Sahlin, der mit seiner Idee ein Spiel erschuf, bei dem es um Erinnerungen an alte Zeiten, Emotionen und dem Kind sein handelt.
Nach seiner Präsentation von Unravel auf der E3 2015 gab es Standing Ovations, nachdem er erzählte, was ihn zu diesem Projekt bewegte. Er kam sehr schüchtern rüber und dachte, sein Baby würde eher ein Reinfall und jeder belächelte es, doch genau der Gegenteil war der Fall. Es gab durchweg positive Reaktionen und so sollte es auch bis zum Release von Unravel bleiben.
Mit seiner kleinen Garnfigur Yarny spielte er damals tatsächlich. Seine Oma strickte ihm diesen kleinen roten Kerl, mit dem er viele positive aber auch negative Dinge erlebte. Aber wer oder was ist eigentlich Yarny? Nun, Yarny ist der Spielcharakter in Unravel, der aus einem einzigen Garnfaden besteht. Er begibt sich fortan auf eine Reise, bei der er alle Erinnerungen einfängt, die er mit seinen Besitzern hatte. Yarnys Reise beginnt in einem Korb mit Garn. Nachdem die Oma der Familie Yarny aus diesem Korb verlor, begibt er sich auf sein Abenteuer durch die Welt von Unravel. Inspiriert von der Nordskandinavischen Landschaft, durchquert ihr mit dem kleinen Garnwesen viele Arten von Umgebungen. Erlebt die wilde Natur und begebt euch auch einmal in Gefahr – in Unravel hat man als Garn seine Vor- und Nachteile.
Das hat uns gefallen
Sofort nach dem ihr Unravel startet, säuselt euch die eingängige Musik ins Ohr, welche sich durch das ganze Spiel zieht. Nach einem kurzen Intro macht ihr euch auch schon auf die Reise mit dem kleinen Garnwesen Yarny. Von nun an müsst ihr diesen nämlich durch seine Heimat begleiten. Doch als kleines Garnmännchen kommt man nicht weit. Yarnys Garn reicht immer nur ein gewisses Stück, bis er vollständig ausgewickelt ist und er dann nicht mehr weiter kommt.
Unter diesen Umständen kommt auch noch dazu, dass dem kleinen roten Kerl auch noch einige knifflige Hindernisse im Weg stehen, die er mit etwas Geschick meistern muss. Das ist auch schon die Basis von Unravel. Klettert, hüpft, seilt euch ab, hangelt euch von Ast zu Ast oder fliegt mit einem Drachen durch die atemberauben schönen Landschaften von Schweden, die jedes Mal aufs Neue faszinieren. Das Ziel ist es, ein verlorenes Teil zu finden, dass Yarny an seine Erinnerungen festhält. Zu Anfangs ist Yarny noch in seiner vertrauten Umgebung unterwegs, so läuft er durch seinen heimischen Garten, macht im Gartenhaus mit ein paar Disteln die Bekanntschaft und gerät im Laufe des Spiels immer weiter weg von dem, was ihm wichtig ist. Immer wieder begegnet er seinen Erinnerungen, die ihn begleitet haben, als er mit seinen Besitzern hier und da unterwegs war. In kleinen Erinnerungsschwaden hält Yarny dann kurz inne und sieht so quasi in die Vergangenheit.
Der Grundbaustein von Unravel sind allerdings die vielen geschicklichen Passagen, die Yarny bestreiten muss. In vielen kleinen Puzzleaufgaben muss er sich so durch den jeweiligen Levelabschnitt fädeln, um an das nächste Garnbündel zu gelangen, welches ihn wieder “erneuert” und er so weiter kommt. Die Rätsel in Unravel sind teils recht simpel gehalten, können aber auch an manchen Stellen recht frustig ausfallen, aber dazu später mehr. Wie gestaltet sich nun so ein Rätsel in Unravel? Seid ihr zum Beispiel mit Yarny am Boden unterwegs und die nächste Garnrolle befindet sich über euch auf einem Ast an einem Baum. Nun, wie da hoch kommen?
Überall in Unravel gibt es kleine – wir nennen sie jetzt einfach mal Schnürpunkte, an denen sich Yarny befestigen kann, um damit zu interagieren. So habt ihr nun an unserem Beispiel am Boden solch eine Stelle. Etwas weiter oben im Ast, seht ihr eine Weitere. Hüpft ihr mit Yarny nun ein Stück nach oben, gelangt er aber noch nicht an die Stelle, an die er muss. Nun könnt ihr am Boden zwei Stellen sehen, mit denen Yarny interagieren muss. So bindet er ein Teil seines Garns an die eine Stelle und den anderen Teil an die Andere. Wie von Zauberhand entsteht jetzt aus Yarnys Garn eine Art Trampolin. Drauf gestiegen, Schwung geholt und schon manövriert es den kleinen Kerl eine Etage höher, wo er sich dann zum Beispiel mit einem weiteren Sprung an die nächste Stelle seilen muss. Das waren aber nur die einfacheren Puzzle-Passagen, die es in Unravel zu meistern gilt.
Im Laufe des Spiels wird es schon etwas schwerer und man muss schon genauer überlegen, wie man vorgeht, um weiter zu kommen. Im Hinterkopf sollte man aber immer seinen Faden im Auge behalten, der sich kontinuierlich abwickelt, je weiter man sich bewegt. Man muss dann oft die einfachen Wege gehen und nicht immer kompliziert denken. Die meisten Geschicklichkeitspassagen sind recht gut gelungen und fordern auch meist den Verstand. Ein weiterer Pluspunkt in Unravel ist die wunderschön gelungene Grafik und die sehr gut umgesetzte Physikengine im Spiel. Auch die Levelgestaltung hat uns sehr gut gefallen. Überall sieht man Bewegung und kleine Details. Eine nette verspielte Idylle, die man hier sieht. Auch die Soundkulisse ist fantastisch. Überall gibt es was zu hören, sei es eine Elster, die durch den herbstlichen Garten schnattert, die Meeresbrise und das dazugehörige Rauschen oder der Wind, der später im Schneegestöber Yarny um den Garn weht, sind nur ein Beispiel der guten Vertonung in Unravel.
Das hat uns nicht gefallen
Sonderlich Negatives gibt es in Unravel eigentlich nicht. Doch ein paar Dinge stoßen im Laufe des Spiels immer mal sauer auf. So zum Beispiel einige Rätsel, bei denen man einfach verzweifeln möchte, weil man an einer bestimmten Stelle einfach nicht weiter zu kommen scheint. Doch sind es ja oft die einfachen Dinge, die einen weiter bringen. Auch der Spielablauf zieht sich irgendwie künstlich in die Länge. Teils kommt es einen vor, als laufe man ewig durch ein Level, um ans Ende zu gelangen und das verlorene Teil von Yarny zu finden.
Auch der Wiederspielwert bleibt bei Unravel gering, da es weder einen Multiplayer- noch Splitscreen-Modus gibt. Einzig allein die versteckten Garnteile von Yarny lassen einen nochmal eine Runde durch die entzückende Landschaft drehen. Alles in allem konnten wir aber keine weiteren Mängel in diesem Titel feststellen.
Fazit
Unravel ist ein Spiel, bei dem man an einer Stelle komplett entspannen kann und an der Nächsten grübelt wie ein Weltmeister. Nichtsdestotrotz ist dieses kleine Abenteuer um den kleinen Garnwichtel Yarny ein Meisterwerk an Puzzle-Plattformern. In den kleinen Kerl und seine Umgebung verliebt man sich sehr schnell und auch grafisch wie auch Ton-technisch verbreitet dieses Spiel einen tollen Flair. Man könnte sagen, Unravel ist das Gegenteil von LIMBO, welches ja eher düster daher kam und trotzdem auf seine Weise fesselte. Wer auf Puzzle-Plattformer steht, der mit viel Liebe, Leidenschaft und Emotionen verbunden ist, sollte sich Unravel unbedingt einmal anschauen. Bildgewaltig und herzzerreißend niedlich.
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